Wärmedämmstoffe
Wärmedämmstoffe bestehen aus einer breiten Palette von verschiedenen Materialien. Da dieser „Klasse“ von Baustoffen bei der Verminderung von Energieverlusten bei Gebäuden eine besondere Bedeutung zukommt, werden sie an dieser Stelle als eigenständige Baustoffklasse behandelt.
Bei der Wahl eines Wärmedämmstoffes können verschiedene Kriterien zur Beurteilung der Einsatzfähigkeit für ein bestimmtes Bauteil herangezogen werden. Besonders wichtig sind:
die konstruktiven Erfordernisse (Stand- und Tragfestigkeit sowie bauliche Zwänge),die anwendungstechnischen und bauphysikalischen Randbedingungen der Konstruktion (Feuchteschutz, Schallschutz, Winddichtigkeit, Brandschutz),
die Dämmwirkung des Materials,
die Herkunft des Ausgangsmaterials,
der Primärenergiebedarf
und die Materialkosten.
Für eine Beurteilung sollte auch die Recyclingfähigkeit des Materials nach der Demontage berücksichtigt werden.
Erst die Abwägung all dieser Kriterien sollte letztendlich zur konkreten Wahl eines Dämmstoffs beitragen. Für das Bauen im Bestand fällt diese Bewertung besonders schwer, da die vorhandene alte Bausubstanz (Materialien und Konstruktionen), über die teilweise keine technischen oder bauphysikalischen Werte vorliegen, mit neuen Materialien kombiniert werden müssen. Der nachträgliche Einsatz von Dämmstoffen bedarf daher einer gründlichen Planung und sorgfältigen Ausführung, damit langfristig keine Bauschäden auftreten, die den Wärmeschutz mindern oder das gesamte Bauteil zerstören.
Wärmedämm- und Wärmespeichervermögen
Um dem Bewohner oder dem Nutzer ein möglichst behagliches Wohnumfeld zu bieten, ist es notwendig, die Oberflächentemperatur in den Räumen möglichst weit den Raumlufttemperaturen anzupassen. Das bedeutet, entsprechende Materialien mit guten Wärmedämm- und Wärmespeichereigenschaften auszuwählen, die gleichzeitig aber auch ein gutes Feuchtigkeitsaufnahme- und -abgabeverhalten zur Regulierung der Raumluft besitzen. Zu diesem Zweck sollte möglichst mit offenporigen Baustoffen gearbeitet werden. Dabei ist aber unbedingt die gesamte Konstruktion, in der die Dämmschicht integriert ist, zu berücksichtigen.
Wichtigstes wärmetechnisches Kriterium ist die Wärmeleitfähigkeit l, die bei Wärmedämmstoffen grundsätzlich unter 0,1 W/m • K liegt. Die Wärmeleitfähigkeit wird bestimmt durch drei Transportvorgänge innerhalb des Stoffes:
Molekulare WärmeleitungKonvektive Wärmeleitung
Wärmestrahlung
Gase setzen wegen ihrer geringen Moleküldichte der Wärmeleitung einen größeren Widerstand entgegen als flüssige oder feste Stoffe. Daher bewirkt ein großer Luftgehalt im Dämmstoff grundsätzlich eine geringe Leitfähigkeit. Feste Stoffe wie Steine oder Metalle besitzen dagegen eine deutlich höhere Wärmeleitfähigkeit.
Beim Transport von feuchter Luft durch den Dämmstoff wird Wärme mitgeführt, dies führt ebenfalls zu einer Verringerung der Dämmwirkung. Daher sollte dieser Feuchtetransport möglichst durch geeignete Konstruktionen (evtl. Dampfbremsen) verhindert werden.
Neben der Wärmedämmwirkung eines Materials sollte auch das Wärmespeichervermögen einer Konstruktion bei der Wahl eines Baustoffes berücksichtigt werden. Es verhindert eine übermäßige Erwärmung durch Sonneneinstrahlung im Sommer (sommerlicher Wärmeschutz). Mineralische Dämmstoffe besitzen spezifische Wärmekapazitäten c von ca. 1,0 kJ/kg • K. Höhere Werte werden nur von Dämmstoffen aus Holz und Holzwerkstoffen (z.B. Cellulose, Kork, Holzfaserplatten) erreicht. Diese sind daher für einen sommerlichen Wärmeschutz (z.B. in Dachschrägen) besonders geeignet.
Feuchteempfindlichkeit
Große Bedeutung für die Auswahl von geeigneten Dämmstoffen für die unterschiedlichsten Bauteile an einem Gebäude (Dach, Fassade, Innenwände, Kelleraußenwand) hat die Feuchteempfindlichkeit. Die Wahl des geeigneten Materials hängt direkt von der gewählten Konstruktion und der Qualität der gesamten Verarbeitung ab.
Wärmebrücken und Undichtigkeiten können zu einer Zunahme des Feuchtegehalts in der Konstruktion führen und die Dämmwirkung sehr schnell verringern oder sogar ganz aufheben. So erhöht eine Zunahme der Feuchtigkeit bei einer 36,5 cm starken Wand aus mineralischem Material von einem auf vier Volumenprozente die Wärmeleitfähigkeit um ca. 50 %. Kurz: Je trockener die Wand, desto besser die Wärmedämmung.
Feuchtigkeit kann durch Konvektion von feuchter Luft, durch die Kapillarwirkung bestimmter Baustoffe oder durch Wasserdampfdiffusion in die Bauteile gelangen. Letztere kann insbesondere bei Leichtbaukonstruktionen (ausgebautes Dach, Holzrahmenkonstruktionen) zu schweren Bauschäden führen, wenn durch Wasserdampf-Kondensation an den kalten Seiten der Konstruktion eine hohe Baustofffeuchte entsteht. Folgen können ein Pilzbefall der tragenden (Holz-) Konstruktion und im Extremfall eine Aufhebung der Wirkung des Dämmstoffs sein. Bei solchen Leichtkonstruktionen ist der Einsatz einer Dampfbremse auf der warmen Innenseite nahezu unumgänglich.
Marktübersicht
Jährlich werden in Deutschland etwa 30 Mio. m3 Dämmstoffe vorwiegend aus synthetischer Produktion verbaut, mit steigender Tendenz. Etwa 60 % davon sind Mineralwolle-Produkte (Stein- und Glaswolle), 30 % bestehen aus Polystyrol (PS) und 5 % aus Polyurethan (PUR). Alle anderen zur Verfügung stehenden Dämm-Materialien, vorwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen oder Recycling-Materialien, haben zurzeit zusammen lediglich einen Anteil von 5 % am eingebauten Material.
Neben den grundsätzlichen Beurteilungskriterien sollten Dämmstoffe drei spezifische Anforderungen erfüllen:
Bei der Herstellung und im Endprodukt sollten keine teilhalogenierten Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (H-FCKW) enthalten sein.Sie sollten keine langlebigen und giftigen Zusätze enthalten wie z.B. halogenierte Flammschutzmittel.
Sie sollten ohne Rohstoffe aus tropischen Wäldern (Heiz, Cellulose) auskommen.
In der folgenden Tabelle sind die wesentlichen, z.Zt. auf dem Markt erhältlichen Dämmstoffe mit den entsprechenden Wärmeleitfähigkeitswerten, dem eingesetzten Primärenergiebedarf zur Herstellung des Stoffes, den mittleren Preisen und - besonders wichtig - den wesentlichen ökologischen Kriterien zusammengefasst, die zur Bewertung herangezogen werden können. Das Kriterium des Energiebedarfs zur Herstellung darf bei der ökologischen Bewertung keine übergeordnete Rolle spielen, da sich in der Regel nach spätestens zwei Jahren die eingesetzte Energie bereits durch die erzielte Energieeinsparung amortisiert hat.
Weitere Informationen und ausführlichere Hinweise zu den ökologischen Kriterien enthält die anschließende Zusammenfassung zu den wichtigsten Dämmstoffen.
WärmeleitfähigkeitW/m • K | Eingesetzte Primär-Energie(PEI) bei der Herstellung (Mittelwert)kWh/m3 | Zulassung DIN | Mittlerer Preis€/m3 | Ökologische Kriterien(ausführliche Hinweise im folgenden Text) | |
Polystyrol (EPS) | 0,035 | 700 | 18164 | 70,00 | Evtl. Ausgasung von Pentan und Styrol bei der Herstellung |
Polystyrol (XPS) | 0,030 - 0,040 | 810 | 18164 | 250,00 | z.T. noch H-FCKW geschäumt, teilw. auf CO2 umgestellt |
Polyurethan (PUR) Hartschaum | 0,025 - 0,040 | 1240 |
Sonderzulassung und 18164 |
185,00 | Isocyanate, H-FCKW, Pentan, (Phosphorsäure bei Bränden) |
Mineralfaser (Glas/Stein-wolle) | 0,035 - 0,045 | 100 - 800* | 18164 | 50,00 | Feinstäube bei Kl < 40 krebserz., (s. TRGS 905), Formaldehyd |
Schaumglas | 0,040 - 0,055 | 500 - 1000* | 18174 | 350,00 | Verlegung evtl. mit Bitumen (OPAK) |
Perlite-Schüttung | 0,050 | 205 | Sonderzulassung | 100,00 | Staubentwicklung beim Einbau, Polysiloxane |
Kalzium-Silikat-Platte | 0,050 - 0,065 | 460 | Sonderzulassung | 800,00 | Entfeuchtet von innen (pH 14); Staubentwicklung |
Schafwolle (Matten) | 0,040 | 30 | Sonderzulassung | 175,00 | Nachwachs. Rohstoff, evtl. Insektizideinsatz |
Baumwolle | 0,040 | 90 | Sonderzulassung | 135,00 | m Anbau evtl. Pestizide, Borate |
Flachs | 0,040 | 50 | Sonderzulassung | 130,00 | Nachwachs. Rohstoff, einheimisch |
Hanf (Platten u. Flocken) | 0,045 | 80 |
Sonderzulassung 18165 |
110,00 | Nachwachs. Rohstoff, einheimisch |
Cellulose (Flocken) | 0,040 - 0,050 |
150 eingebaut |
Sonderzulassung (nur mit lizensiertem Betrieb) |
60,00 | Recyclingprodukt, evtl. Borate enthaltend, Staub |
Cellulose-Platten | 0,040 | 60 | Sonderzulassung | 115,00 | siehe vorherg. |
Kork-Schrot / Kork-Platten | 0,050 - 0,045 | 60 | Sonderzulassung | 140,00 - 190,00 | Nachwachs. Rohstoff, aber begrenzt vorrätig |
Holzfaser-Dämmplatten | 0,040 - 0,045 | 560 | 18165 | 190,00 | Nachwachs. Rohstoff, guter sommerlicher. Wärmeschutz |
*je nach Anteil von Altglas bzw. Recyclingmaterial