Blower Door - Thermografie

Mit der Einführung der Energieeinsparverordnung (EnEV) bekommt die Luftdichtheit von Gebäuden eine neue Bedeutung. Die Kompensationsmöglichkeiten der EnEV erlauben es für den Neubau beispielsweise, bei einem messtechnischen Nachweis der Luftdichtheit eine geringere Dämmstoffstärke in der Gebäudehülle zu wählen. Neu ist das Thema aber nicht. Bereits die Wärmeschutzverordnung von 1995 und ihre vorangegangenen Vorschriften forderten, dass „die Fugen in der Wärmeübertragenden Gebäudehülle dem Stand der Technik entsprechend dauerhaft luftundurchlässig“ auszuführen seien.

An undichten Stellen der Gebäudehülle kann es zu einem Eindringen von kalter Außenluft in das Bauwerk kommen. Im Allgemeinen werden Luftgeschwindigkeiten von 0,1 bis 0,15 m/s als angenehm empfunden. Werte über 0,2 m/s werden jedoch häufig bereits als störende Zugerscheinung wahrgenommen. Im Streitfall wird aber das Auftreten von Zugluft häufig als ein wesentlicher Baumangel bewertet.

Im Gebäudeinnern kann die eindringende kalte Außenluft sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen und dadurch z.B. die Raumluftfeuchte stark reduzieren. Tritt im Winter - bedingt durch den Windsog - die angefeuchtete Luft im Windschatten des Gebäudes an Fehlstellen in der luftdichten Gebäudehülle wieder aus, kann es zur Taupunktunterschreitung und damit zur Kondensation, d.h. zu einem Ausfallen von Wasser innerhalb der Dämmschicht oder der Wand, kommen. Hierdurch können enorme Wassermengen in die Konstruktion eingetragen und schwerwiegende Bauschäden verursacht werden (z.B. Schimmelpilz-, Fäulnis-, und Hausschwammbildung).

Dank der zulässigen Kompensationsmöglichkeiten der Energieeinsparverordnung ist es möglich, den anzusetzenden Rechenwert für den spezifischen Lüftungswärmeverlust Hv um ca. 15% zu verringern. Dadurch ist es möglich, beispielsweise eine geringere Dämmstoffstärke in der Gebäudehülle vorzusehen. Bei der abschließenden Messung muss dieser Grenzwert aber auch nachweislich erreicht werden, damit der vorliegende Energiebedarfsausweis für das Objekt weiterhin Bestand hat.

Im Zuge der Entwurfs- und Ausführungsplanung, die auf ein Modernisierungskonzept zur Energieeinsparung folgt, sollte daher neben dem Wärmedämmkonzept auch ein Luftdichtheitskonzept entwickelt werden. Das Ziel ist es dabei, dass sowohl die Wärmedämmenden Bauteile als auch die Schichten, die die Luft- und Winddichtheit sicherstellen, das gesamte beheizte Volumen ohne Unterbrechung in einem „geschlossenen“ Zug umschließen.

Dabei sollten Durchdringungen der luftdichten Schichten soweit wie möglich vermieden werden. Ähnlich wie bei der Wärmedämmung sind auch beim Luftdichtheitskonzept Maßnahmen zur Sicherstellung der Luft- und Winddichtheit sowohl für die jeweiligen Regelflächen der Bauteile als auch für die Anschlusssituationen zu entwickeln.

Im Folgenden sind beispielhaft einige besonders problematische Anschlusssituationen aufgeführt, denen bei der Entwicklung und Umsetzung eines Luftdichtheitskonzepts besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist.

Kellertür an der Kellerinnenwand zwischen beheizter und nicht beheizter Zone
Außenwand an der Kellerdecke zur Sohlplatte
Außenwand in Massivbauweise an Außenwand in Holzleichtbauweise
Fenster, Fensterbank und Roll-Laden an Außenwand incl. Gurtdurchführungen
Haus- bzw. Fenstertür an Sohlplatte oder Geschoßdecke
Installationswand an Außenwand (Einbauspülkästen, Vor-wandinstallationen)
Installationsleitungen im Bereich der Geschoßdecken
Geschoßdecke in Holzleichtbau an Außenwand
Geneigtes Dach an Außenwand (Ortgang und Traufe)
Dachflächenfenster an geneigtes Dach
Innenwand an geneigtes Dach
Boden- und Abseitentüren zwischen beheizter und nicht beheizter Zone
Rohrdurchführungen durch geneigtes Dach (z.B. Solaranlagen, Zu- und Abluftrohre der Lüftungsanlage)
sonstige Durchdringungen der luftdichten Schichten (Schornsteine, Antennen, Leitungen für Überwachungssysteme, Außensteckdosen ....)

Im Rahmen der Ausführungsplanung reicht es nicht aus, lediglich eine pauschale Angabe vorzunehmen, wie z.B. „die Luftdichtigkeit ist bauseits sicherzustellen". Über eine exakte Beschreibung der Dichtsysteme hinaus müssen für bestimmte Anschlusspunkte ggf. die baulichen Randbedingungen oder die zeitliche Reihenfolge der Arbeitsschritte bestimmt werden. Bei der Umsetzung trägt in der Regel der Bauleitende bzw. Bauüberwachende Architekt oder Bauingenieur die Hauptverantwortung für die Realisierung des Dichtheitskonzeptes und die entsprechende Information der beteiligten Gewerke.

Bei größeren Bau- und Modernisierungsvorhaben - mit unterschiedlichen Planungsverantwortlichkeiten - ist in der Praxis aber häufig zu beobachten, dass nicht alle Informationen, die beim Erstellen der Entwurfsplanung vorausgesetzten wurden, dem letztendlich verantwortlichen Bauleiter oder den ausführenden Gewerken bekannt sind.

Ein typisches Beispiel für solche Kommunikationsprobleme sei an dem Fall eines innenliegende Treppenhauses bei einem Objekt mit zwei Vollgeschossen und vier Wohneinheiten beschrieben:

Bei der Entwurfsplanung lag das Treppenhaus innerhalb der Wärmeübertragenden und luftdichten Schicht des Gebäudes. Im Rahmen der späteren Umsetzung wurde dann aber aus Kostengründen - in Abstimmung mit dem Bauleiter - auf die im Plan vorgesehenen Heizkörper im Treppenhaus verzichtet. Durch diese „Einsparung“ wird die ursprünglich geschlossene Wärmeübertragende Gebäudehülle in zwei Teile getrennt. Das Wärmedämm- und Luftdichtheitskonzept wird grundlegend geändert, so dass die Annahmen, die den Berechnungen für die energetische „Qualität“ des Objekts gemäß der Energieeinsparverordnung zu Grunde liegen, nicht mehr zutreffen.